3. Mai bis 23. Juni 2024, Kunsthalle Görlitz, Jakobstr. 2
Künstlerinnen und Künstler: Lisa Maria Baier, Grzegorz Bibro, Daria Bielienkov, Oliwia Drozdowicz, Oscar Lebeck, Piotr Szymon Mańczak, Bartłomiej Puch, Marc Tobias Winterhagen, Viktor Witkowski, Anastasiia Zazuliak
Kuratorin: Jagna Domżalska
Öffnungszeiten: Do-So, 12-18, Eintritt frei
Veranstaltungen:
Die Ausstellung präsentiert Arbeiten von zehn Künstlerinnen und Künstlern mit biografischen Bezügen zu Sachsen und Niederschlesien. Sie reflektieren in ihren Werken die Erinnerungskultur im deutsch-polnischen Kontext und setzen sich mit der komplizierten Geschichte der Region und ihrer Gegenwart künstlerisch auseinander. Ihre Arbeiten erzählen sowohl von Erfahrungen im familiären Kontext als auch von Begebenheiten, die die Kunstschaffenden in Niederschlesien (Künstlerresidenz W/E LAB) erlebt haben. Erhabene Narrative treffen auf gewöhnliche Alltagsgeschichten. Gerade in Momenten des Umbruchs sind der Alltag und die natürliche Umwelt vertraute Begleiter. Häuser, Bäume und die Erde verbinden Generationen, die zu verschiedenen Zeiten in Niederschlesien leb(t)en, unabhängig von Herkunft oder Nationalität. Die Grenzverschiebung nach dem Zweiten Weltkrieg unterbrach den Lebensrhythmus der Menschen, aber nicht jenen der Natur.
Die Kuratorin Jagna Domżalska über die Ausstellung: "Die Geschichte der Grenzregion verbindet, obwohl sie vom Trennenden erzählt. Das Schicksal ihrer Bewohner ist immer symmetrisch. Menschen auf beiden Seiten der Grenze machten die Erfahrung von Verlust und Leid. Immer noch ist sie präsent in der Erinnerung, in Gesprächen und im kreativen Schaffen von Künstlerinnen und Künstlern. Die Ausstellung „IMMER NOCH“ zeigt Arbeiten von Kunstschaffenden, die sensibel sind für die komplizierte Geschichte dieser Region. Sie erzählt von persönlichen Erfahrungen ihrer Familienangehörigen und interpretiert Phänomene, die sie während ihres Aufenthalts in Niederschlesien entdeckt haben. Einige der Werke beschäftigen sich mit Fragen der Identität, der Suche nach Sicherheit und Schutz.
Die leeren Häuser, die man bei Streifzügen durch die Region sieht, sind wie stumme Zeugen der Geschichte. Sie wecken Bilder vom einstigen Glanz der Städte und von Menschen, die hier lebten. Manchmal sind es auch nur Obstgärten, Überbleibsel von Siedlungen, deren Gebäude bereits verfallen sind. Die niederschlesische Natur hat in der Tat eine starke Kraft; sie ist von außerordentlicher Üppigkeit, aber auch von einer überwältigenden Stille, die zum Nachdenken anregt.
Wenn ich an die künstlich verschobene Grenze und die daraus resultierende Gewalt der Vertreibung denke, dann kommen mir diese Häuser in den Sinn. Häuser, die einst voll von Menschen und Leben waren. Häuser, die oft gleichzeitig von Deutschen, die noch nicht vertrieben worden waren, und den neugekommenen Polen bewohnt wurden. Die Häuser nahmen neue Familien auf und boten ihnen Schutz. Die Erde ernährte sie und die Bäume spendeten Obst und Schatten, unabhängig von ihrer Herkunft oder Nationalität. Die im Titel enthaltenen Häuser, die Erde und die Bäume verbinden die Geschichten der Menschen, die an einem bestimmten Ort leb(t)en. Ununterbrochen dienen sie den nachfolgenden Generationen. Immer noch bleiben wir darüber im Gespräch und entdecken, dass uns das überhaupt nicht trennt."
Sächsische Zeitung vom 11. Mai 2024 über die Ausstellung: „Wenn sich Künstler mit einer Region beschäftigen, deren Bevölkerung nach 1945 ausgetauscht wurde, dann kommen dabei ganz verschiedene, faszinierende Werke des Erinnerns heraus: Ein überdimensionierter Zollstock, der viel zu groß ist, um die Görlitzer Kunsthalle mit ihren rohen Mauern zu vermessen, dafür symbolisch für die Absurdität von auf der Landkarte abgemessener Grenzziehungen steht. Ein Schiffstau, das zusammengerollt von der Decke hängt, aber so lang ist wie die Oder breit, in der Menschen auf der Flucht ertranken. Oder das Foto eines frisch ausgehobenen Grabes inmitten blühender Gräser im deutsch-polnischen Grenzraum, zum Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus, gleich welcher Nationalität und Herkunft. Doch nicht nur den Schmerz, der in die Geschichte Niederschlesiens östlich des Grenzflusses eingeschrieben ist, thematisieren die Künstler, die sich mit der komplizierten Geschichte der deutsch-polnischen Grenzregion auseinandergesetzt haben. In der Ausstellung „Immer noch“ gibt es auch Marmelade von Früchten früher deutscher, heute polnischer Kirschbäume. Oder Tischtücher, die eine Künstlerin verschenkt, damit die Erinnerungen an ihre Großmutter nicht verloren gehen. Viele Werke erzählen auf andere Weise vom Verbindenden durch die Natur, die Generationen von Menschen überdauert.“
Veranstalter: Kulturreferat für Schlesien am Schlesischen Museum zu Görlitz
Kooperationspartner: Stiftung OP ENHEIM Wrocław (Breslau), NCCA e.V. als Trägerverein der Kunsthalle Görlitz
Förderer: Kulturstiftung des Freistaates Sachsen, Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit, Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien
Bilder der Ausstellung gibt es auf der Internetseite satelliten.eu und Facebook-Seite des Projektes SATELLITEN - Begegnungen mit zeitgenössischer Kunst in Schlesien.