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Der gerettete Teppich

Der kostbare Gobelin des Künstlers Max Wislicenus (1861–1957) aus dem Jahr 1917 in der Sonderschau „Kunst und Krieg“.

„St. Georg“, 1917, Gobelin, Entwurf: Max Wislicenus, Ausführung: Wanda Bibrowicz (Schreiberhau), 250 x 200 cm, links oben eingewebtes Monogramm „MW“, r. o. eingewebtes Datum „1917“, SMG. © Erbengemeinschaft Max Wislicenus

Der Gobelin „St. Georg“, 1917 entworfen von Max Wislicenus, in der Sonderschau „Kunst und Krieg“.

2015 war der St. Georg-Teppichs aus dem Jahr 1917 als Reproduktion der Blickfang der Ausstellung „Kunst zur Kriegszeit“. Es handelt sich um ein Werk des Breslauer Akademieprofessors Max Wislicenus (1861 Weimar – 1957 Dresden), dessen Entwurf von der Künstlerin Wanda Bibrowicz in Schreiberhau (Szklarska Poręba) im Riesengebirge ausgeführt wurde.

Das Motiv zeigt in expressiver Bildsprache den dramatisch Kampf des Hl. Georg mit dem Drachen. Der Heilige, Schutzpatron der Soldaten, wurde von Künstler*innen während des Ersten Weltkriegs häufig als Idealbild des edlen, über seine Feinde triumphierenden Kriegers dargestellt. Wislicenus betonte diesen Aspekt hier noch durch das eingewebte Textzitat „Und wenn die Welt voll Teufel wär“ aus Martin Luthers (1483-1546) bekanntem Kirchenlied „Ein feste Burg ist unser Gott“. Dessen dritte Strophe lautete: Und wenn die Welt voll Teufel wär' und wollt' uns gar verschlingen, so fürchten wir uns nicht so sehr, es muß uns doch gelingen!.

Der Originalteppich galt seit Ende des Zweiten Weltkriegs laut Auskunft der Wislicenus-Spezialistin Babette Küster, ehemals Textilabteilung Grassi-Museum Leipzig, als zerstört. Der ehemalige Besitzer – es soll laut Fotobeschriftung von Wislicenus (im SMG) ein Kommerzienrat Schneider in Zittau gewesen sein – war nicht mehr ermittelbar. 2019 tauchte dann plötzlich der wertvolle Teppich (Schätzwert 12.000 Euro, nach Angaben von Babette Küster) überraschend in Privatbesitz auf.

Der Teppich hatte in der Zwischenzeit einiges erlebt: Ende des Zweiten Weltkrieges war er mit anderen wertvollen Gegenständen aus Zittauer Privatbesitz in das große Forsthaus in Eichgraben bei Zittau gebracht worden. Da ihn niemand später wieder abholte, verblieb er schließlich bei der Familie des Försters Martin Petzold und trat mit ihr um 1954 die Ausreise aus der DDR an. Viele Jahre hing er danach in Mölln (Schleswig-Holstein), zuletzt unbeachtet in einem Keller. Nur durch Zufall wurde die Familie auf das Schlesische Museum und sein Interesse an diesem Teppich aufmerksam. Da sich die Erben nicht wirklich als Eigentümer des Gobelins sahen, überreichten sie den Teppich als Schenkung.

An dem besonderen Stück war sehr viel Restaurierungsbedarf: Überall rieselte der bunte Mottenkot aus dem Teppich, außerdem hatten Katzenkrallen schlimme Schäden hinterlassen. Aber der Gesamteindruck und die erhaltene Farbintensität waren fantastisch und der Teppich damit insgesamt gesehen ein zeitgeschichtlich wie künstlerisch herausragendes Stück. Um den Teppich wieder ausstellbar zu machen, war eine Restaurierung unumgänglich. Nach den coronabedingten Kontakteinschränkungen konnte mit der von Babette Küster empfohlenen Textilrestauratorin Andrea Knüpfer aus Halle an der Saale über die Instandsetzung des Wandteppichs beraten werden. Dank des finanziellen Engagements des Ehepaars Brüggemann aus Berlin, Mitglieder des Fördervereins, konnte diese Arbeit in Höhe von knapp 6000 Euro beauftragt und erfolgreich durchgeführt werden.

Sonderschau „Kunst und Krieg“ bis zum 30. Juni 2024