Nachdem am 14. und 15. September 2024 weite Teile Niederschlesiens nach andauernden Regenfällen und zwei Staudammbrüchen überflutet wurden, begann eine Welle des Mitgefühls, der Solidarität und Spendenbereitschaft. Auch im Schlesischen Museum zu Görlitz gaben Unterstützer nach einem öffentlichen Aufruf zahlreiche Sachspenden für die Betroffenen des Hochwassers im Glatzer Land ab. Initiiert hatte diese Aktion Aneta Milanowska, die aus dem polnischen Niederschlesien stammt und als Reinigungsfrau im Museum arbeitet.
„Für viele Bewohner dieser Region brach am 15. September eine Welt zusammen“, sagt Aneta Milanowska, „ihr gesamtes Lebenswerk wurde von den Fluten mitgerissen. Menschen und Tiere kamen zu Schaden, Städte und Dörfer des Glatzer Landes wurden zu großen Teilen zerstört.“
Die junge Frau entschloss sich, die über zwei Wochen hinweg gesammelten Sachspenden selbst zu den Betroffenen zu bringen. An zwei Wochenenden fuhr sie Transporte mit Trinkwasser, Babybedarf, Kleidung, Decken, Konserven und weiteren Lebensmitteln, Reinigungsmitteln, Tierfutter, Baumaterialien und technischen Geräten ins Glatzer Land.
Auf ihrer ersten Fahrt sah sie die Zerstörung von Dörfern wie Żelazno (Eisersdorf), Ołdrzychowice Kłodzkie (Ullersdorf) oder Trzebieszowice (Kunzendorf) mit eigenen Augen. „Es war nicht einfach voranzukommen, da die Straßen an vielen Stellen durch die Flut beschädigt waren. Das Militär und die Polizei leiteten uns über Umwege. An den Straßenrändern sahen wir Teile zerstörter Häuser und Wirtschaftsgebäude, Dächer, die mit der Strömung weggeschwemmt wurden, zertrümmerte Autos, zahlreiche riesige Bäumen, eine Menge beschädigter Gegenstände und sehr viel Müll.“ An den verbliebenen Gebäuden sah sie, bis in welche Höhe das Wasser gestanden hatte. „Der Anblick war unglaublich – alles sah aus wie eine Kriegslandschaft.“
Im ständigen Kontakt mit einer Mitarbeiterin der Gemeinde Kłodzko (Glatz), besuchte Aneta Milanowska Menschen, die bislang noch keine Hilfe erreicht hatte, die ohne fließend Wasser zurechtkommen mussten und denen es an Trinkwasser und Brot mangelte. „Zuerst verteilten wir Lebens- und Reinigungsmittel, versuchten, an jedem Gebäude anzuhalten, und stellten Pakete mit dem Notwendigsten für die Dorfbewohner zusammen.“
Nach diesem ersten Transport lief die Spendenaktion im Schlesischen Museum erfolgreich weiter. „Wie viel die Menschen gaben, übertraf unsere kühnsten Erwartungen“, sagt Aneta Milanowska. Am letzten Septemberwochenende fuhr sie ein zweites Mal mit einem bis unters Dach vollgepackten Transporter in Richtung Glatzer Land, belieferte Menschen etwa in Ścinawka Średnia und Dolna (Mittel- und Obersteine) sowie den Sammelpunkt für Hilfsgüter in Kłodzko. Und sie traf viele Menschen, die das Hochwasser ereilt hatte. „Es war geradezu herzzerreißend zu erleben, wie kleine Kinder Besen und Schaufeln beiseitelegten, um etwas Schokolade oder Marmelade zu bekommen. Dinge, die sie wenige Tage zuvor noch als selbstverständlich empfanden, waren nun zu einem Schatz geworden.“
Längst waren freiwillige Helfer aus ganz Polen angekommen, um zusammen mit Feuerwehr, Polizei und Militär vor Ort zu helfen. „Es war eine enorme Dankbarkeit und Solidarität unter den Menschen zu spüren“, sagt Aneta Milanowska. „Trotz dieser Katastrophe, der Verzweiflung und der Trauer fühlten die Menschen Hoffnung, Verbundenheit und den Wunsch, wieder ein Stück Normalität herzustellen.“ Das wünsche sie sich auch von den Besuchern des Glatzer Landes. Es gebe viele Orte, die nicht beschädigt wurden, wunderschöne Berge sowie zahlreiche Rad- und Wanderwege. „Die Region lebt hauptsächlich von Touristen“, sagt Aneta Milanowska. „Diese können durch Reisen und Buchungen dazu beitragen, den Wiederaufbau der zerstörten Gebiete zu unterstützen.“
Das Schlesische Museum dankt allen Spendern, Organisatoren und weiteren Einrichtungen, die sich der Spendenaktion angeschlossen haben, für die schnelle und unkomplizierte Hilfe. Besonderer Dank und Respekt gilt der Initiatorin Aneta Milanowska.
Ines Eifler