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Schlesisches Museum restituiert Gemälde von Oskar Moll

Nach dem Wiederankauf ist es weiterhin in der Dauerausstellung zu sehen.

Oskar Moll, „Aechmea fasciata mit Büchern und Jahrhunderthalle [o. T.]“, 1926, Öl auf Leinen, Schlesisches Museum zu Görlitz, Inv.-Nr. SMG 2001/1900. Foto: © SMG

Museumsdirektorin Agnieszka Gąsior, Markus Franke, Bevollmächtigter des Freistaates Sachsen beim Bund, Imke Gielen, Rechtsanwältin der Erbengemeinschaft, und Markus Hilgert, Generalsekretär der Kulturstiftung der Länder, mit Oskar Molls Gemälde.

Ein farbenfrohes Gemälde mit einer blühenden Grünpflanze auf einem von Büchern bedeckten Tisch. Im Hintergrund, in einem Meer aus Hellblau und Türkis, die kurz vor dem Ersten Weltkrieg erbaute Breslauer Jahrhunderthalle, das Wahrzeichen der damaligen Hauptstadt Schlesiens.

Diese Szenerie malte der aus Schlesien stammende Künstler Oskar Moll (1875–1947) Mitte der 1920er Jahre, kurz nachdem er 1925 zum Professor der Breslauer Akademie für Kunst und Kunstgewerbe berufen worden war. Seit 2006 ist das Ölgemälde unter dem Titel „Aechmea fasciata mit Büchern und Jahrhunderthalle [o. T.]“ im Schlesischen Museum zu Görlitz zu sehen.

Oskar Moll – bedeutender Vertreter der Moderne

Was lange nicht bekannt war – es gehörte vor dem Zweiten Weltkrieg dem jüdischen Kunstsammler Otto Wachenheim, der 1939 in die USA emigrierte und seinen gesamten Besitz einschließlich seiner Kunstsammlung in Amsterdam zurücklassen musste. Über das Schicksal des Kunstsammlers, über die Restitution des Gemäldes an dessen Erben und über den Wiederankauf des Bildes informierten jetzt das Schlesische Museum sowie Vertreter des Bundes, des Freistaats Sachsen, der Kulturstiftung der Länder und der Erbengemeinschaft.

Das Gemälde von Oskar Moll gehörte zu den ersten Werken, die für das nach der Wende gegründete Schlesische Museum angeschafft wurden und mit denen es 2006 seinen Ausstellungsbereich zur Kunst der Klassischen Moderne in Schlesien eröffnete. „Oskar Moll zählt zu den bedeutenden Vertretern der Moderne in Deutschland und den wichtigsten schlesischen Künstlern der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts“, sagt Museumsdirektorin Agnieszka Gąsior. Bei Lovis Corinth in Berlin und Henri Matisse in Paris habe er seine unverwechselbare Bildsprache entwickelt. Auch wegen der Abbildung der Breslauer Jahrhunderthalle sei das Gemälde ein „Schlüsselwerk“ für das Schlesische Museum. Doch ob es weiter im Museum würde bleiben können, stand eine Zeitlang infrage.

Jüdischer Sammler ließ Kunst in Amsterdam zurück

Denn vor einigen Jahren meldete sich eine Berliner Anwaltskanzlei mit der Bitte, das Museum möge prüfen, ob es sich bei diesem Gemälde um jenes handele, das der jüdische Kunstsammler Otto Wachenheim 1939 in Amsterdam zurücklassen musste und das seit 2009 offiziell gesucht werde. Otto Wachenheim (1885–1969), der aus Mannheim stammte und mit Tabak handelte, lebte mit seiner Frau Helene in den Niederlanden.

Von einer Geschäftsreise in die USA 1939 waren die beiden aus Sorge vor der Deportation nicht nach Europa zurückgekehrt, nachdem das Deutsche Reich Polen überfallen hatte. In das Haus des kinderlosen Paares zog die deutsche Besatzungsbehörde, das Vermögen wurde beschlagnahmt. 1944, als die Behörde auszog, kamen Mobiliar und Kunstgegenstände abhanden.

Erben entdeckten Ähnlichkeit mit vermisstem Werk

Imke Gielen, die Rechtsanwältin der Erbengemeinschaft, erzählt, nach dem Krieg habe Wachenheim in den Niederlanden versucht, seine Kunstsammlung wiederzufinden – bis auf ein einziges Werk vergeblich. Woran er sich erinnerte, schrieb er 1951 in ein Notizbuch, das die Erben Otto und Helene Wachenheims später in seinem Nachlass fanden.

Unter anderem war dort ein „Buchstillleben“ des Malers Oskar Moll mit „verschiedenen Büchern in lichten Farben auf einem Tisch“ und einer „grünen Blattpflanze“ beschrieben. Die Erben stellten diese Notiz bereits im Jahr 2009 als Suchmeldung in der „Lost Art“-Datenbank ein. Als das „Görlitzer“ Gemälde Oskar Molls vor einiger Zeit in einer großen Ausstellung in Berlin zu sehen war, entdeckten sie die Ähnlichkeit und wandten sich ans Schlesische Museum.

NS-Unrecht soll anerkannt und gelindert werden

„Als einem von der Bundesrepublik Deutschland und vom Freistaat Sachsen institutionell geförderten Museum ist es uns ein wichtiges Anliegen, geschehenes Unrecht anzuerkennen und sichtbar zu machen“, sagt Agnieszka Gąsior. „Von Bedeutung ist für uns auch, Klarheit über die Provenienz unserer Objekte zu haben und diese offenzulegen.“ So gab das Museum im Jahr 2023 eine Provenienzrecherche in Auftrag, das vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste unterstützt wurde. Die bei dieser Recherche gesammelten Indizien verdichteten sich zu der Annahme, dass es sich bei dem von Wachenheim vermissten Gemälde um das Bild aus dem Museum handeln müsse.

Deshalb wurde mit den Erben eine Vereinbarung nach den Washingtoner Prinzipien von 1998 getroffen: Da sich Deutschland in der Pflicht sieht, in der Zeit des Nationalsozialismus geschehenes Unrecht aufzuarbeiten und zu lindern, erhielten die Erben das Gemälde zurück, allerdings in Form einer Entschädigung. Da die Bundesrepublik ebenso bestrebt ist, Zeugnisse des Kulturerbes dauerhaft für die Öffentlichkeit zugänglich zu halten, förderten Bund, Freistaat Sachsen und die Kulturstiftung der Länder den Wiederankauf des Gemäldes für das Museum, sodass es nun weiter in der Görlitzer Ausstellung zur Klassischen Moderne in Schlesien zu sehen ist.

Ines Eifler