Mieczysława Wazacz: Breslau. Die Stadt der Geretteten

Breslau. Die Stadt der Geretteten von Mieczysława Wazacz ist die Geschichte des Erwachsenwerdens eines polnisch-jüdischen Mädchens Sławka in der Welt der Umsiedler und Holocaust-Überlebenden in den ersten Nachkriegsjahren im polnisch gewordenen Breslau. Die Beschreibung der mit den Augen des heranwachsenden Kindes gesehenen Realität ist brutal, bewegt und doch zugleich voller Charme, da auch ernste Episoden mit viel Humor erzählt werden.

Der Horizont der Erzählerin wird beherrscht vom unbewussten Konflikt mit der Mutter, der zweiten Hauptfigur des Buches. Zofia Kaut (vor dem Krieg Salka Wilner, geborene Kaul), ist ein Typus der zeitgenössischen Mutter Courage, die mit ihrer Abwendung vom Judentum und dem Drang zum Besseren auf die schrecklichen Erlebnisse des Krieges reagiert. Mit viel Mut und Geschick und unter dem geänderten Namen gelingt es der Mutter, ihr Leben und das ihrer Töchter Hela und Sławka zu retten. Nach dem Krieg und der Westverschiebung Polens heimatlos geworden, lässt sich Zofia Kaut mit ihren Töchtern in Niederschlesien nieder und führt die im Krieg erprobte Überlebensstrategie fort. Sie wählt bewusst ein Leben abseits der jüdischen Gemeinschaft und tut alles, um in der polnischen Umgebung nicht aufzufallen.

Die autobiografische Erzählung stützt sich auch auf andere authentische Schicksale der ersten Siedlerwelle in den sog. „wiedergewonnenen Gebieten“ Nachkriegpolens, Schicksale, die in die Vergangenheit zurückreichen und in die Gegenwart fortwirken.

Das Buch ist auf Polnisch 2018 im Verlag Fraza in Rzeszów erschienen. In deutscher Übersetzung von Hans Gregor Njemz erscheint es im Hausverlag des Schlesischen Museums zu Görlitz zu den Literaturtagen an der Neiße 2023 in Görlitz-Zgorzelec. Die Buchpremiere findet am 22. April 2023 um 16 Uhr im Kulturforum Görlitzer Synagoge statt. Die Moderation übernimmt Prof. Dr. Jan Wolski.

Am 25. April 2023 um 18 Uhr wird das Buch im Breslauer Kulturzentrum OP ENHEIM in der Reihe OP_BOOKS präsentiert. Das Gespräch mit der Autorin moderiert hier Tamara Włodarczyk, Autorin von zahlreichen Publikationen zur Nachkriegsgeschichte der Juden in Niederschlesien, insbesondere in Wrocław. Beide Buchvorstellungen finden in deutscher und polnischer Sprache (mit Simultanübersetzung) statt.

Mieczysława Wazacz wurde 1942 in Mytnica bei Lemberg (heute Lwiw, Ukraine) geboren. Nach dem Krieg ließ sich ihre Mutter – wie Tausende Holocaust-Überlebende und Vertriebene aus dem Osten – mit ihren beiden Töchtern in Niederschlesien nieder, zuerst in Legnica (Liegnitz), dann in Wrocław (Breslau), wo die Autorin ihre Kindheit und frühe Jugend verbrachte. Nach dem Studium an der Filmakademie in Łódź (Lodsch) arbeitete sie für das polnische Fernsehen in Warschau. Unter dem Eindruck der antisemitischen Ausschreitungen in Polen ab 1968 verließ sie 1971 das Land und ließ sich in London nieder, wo sie bis heute lebt.

Neben zahlreichen in Großbritannien und Polen veröffentlichten Erzählungen und Kurzgeschichten ist Wazacz auch Autorin von Theaterstücken, die in London, Toronto und Wrocław aufgeführt wurden. Zentral in ihrem Schaffen sind jedoch Dokumentar- und Kunstdokumentarfilme. Im polnischen Fernsehen, auf internationalen Filmfestivals und bei Vorführungen in London präsentiert, erzählen sie über authentische ungewöhnliche Persönlichkeiten und Ereignisse aus der nahen Vergangenheit. Mieczysława Wazaczs jüngster Dokumentarfilm Das Album von Hans 1934–1938 (2019, deutsch 2021) ist auf dem Youtube-Kanal des Schlesischen Museums zu Görlitz zu sehen.

Mieczysława Wazacz: Breslau. Die Stadt der Geretteten
Herausgeber: Schlesisches Museum zu Görlitz (Kulturreferat für Schlesien)
Übersetzung: Hans Gregor Njemz
Redaktion: Agnieszka Bormann
Lektorat: Ines Eifler
Einleitung: Tamara Włodarczyk
Illustrationen: Piotr Dumała
Satz: Jacek Jankowski, Ponton Studio
ISBN: 978-3-9823231-3-8
Umfang: 140 Seiten
Preis: 8 Euro
Erscheinungsdatum: 3. April 2023
Bestellung per E-Mail an kontakt@schlesisches-museum.de
Premiere: 22. April 2023, 16:00, Kulturforum Görlitzer Synagoge im Rahmen der Literaturtage an der Neiße in Görlitz-Zgorzelec