Schlesien erfahren: Die Schwenckfelder. Im 18. Jahrhundert von Schlesien nach Pennsylvania

Vor genau 500 Jahren lässt sich der schlesische Adlige Caspar von Schwenckfeld (1490-1561) bei seinem Besuch in Wittenberg von der Lehre Martin Luthers begeistern und will der Reformation in Schlesien zum Durchbruch verhelfen. Er bemüht sich zuerst um die Einführung des Protestantismus in Liegnitz, mischt sich aber auch gleich in die theologischen Auseinandersetzungen um die neue Lehre ein. Schnell wird er zu einem unbequemen Mann, zum Querdenker. Für die einen ein Ketzer, für die anderen ein Reformator mit eigener Lehre, ist Schwenckfeld sowohl in katholischen als auch in protestantischen Kreisen eine umstrittene Persönlichkeit, wird verfolgt und 1528 aus Schlesien verbannt. Seinen Überzeugungen treu, ist er viele Jahre seines Lebens von einem Zufluchtsort zum anderen unterwegs. Auch seine Anhänger werden verfolgt und aus Schlesien vertrieben. Eine Gruppe wandert schließlich nach Amerika aus und gründet dort eine eigene Kirche, die heute noch besteht.

Prof. Dr. Józef Zaprucki stellte in seinem Vortrag am 6. Oktober 2022 kulturelle Aspekte der Problematik der religiösen Turbulenzen in Schlesien im 16.-18. Jahrhundert vor, die aus heutiger Sicht eine Basis für spannende Prozesse der interkulturellen Kommunikation bildeten. Das Unglück der Schwenckfelder, die wegen ihres Bekenntnisses die schlesische Heimat verlassen mussten, wurde langfristig zum Nährboden für ein fruchtbares Gespräch zwischen drei Kulturen: der deutschen, der polnischen und der amerikanischen.

Prof. Dr. Józef Zaprucki ist an der Riesengebirgsakademie für angewandte Wissenschaften in Jelenia Góra (Hirschberg) in den Bereichen deutsche Sprache, Kultur und Literatur tätig. Sein Hauptinteresse gilt dem sog. Gespräch der Kulturen in Schlesien. In diesem Zusammenhang organisierte er etliche Konferenzen und veröffentlichte dazu viele Artikel und ein Buch Tolerance and Crossculture Communication: Fedor Sommer’s Schwenkfelders in Silesia and Pennsylvania (2014). Zaprucki ist ebenfalls als Übersetzer der deutschen Literatur tätig. Seine neueste Übersetzung (2021) war Zwischen Mauern und Türmen, ein historischer Roman von Fedor Sommer, einem Hirschberger Pädagogen und Schriftsteller. Die Thematik der Schwenckfelder vertiefte Józef Zaprucki als Stipendiat der Kościuszko Foundation und visiting professor an der Duquesne University in Pittsburgh PA.

An den Orten des Wirkens von Caspar von Schwenckfeld und seiner Anhänger in Schlesien sind nur wenige Spuren zu finden. Es lohnt umso mehr, sich auf die Suche zu begeben. Bei der Exkursion am 29. Oktober 2022 wurden unter der Leitung von Margrit Kempgen (Kirchliche Stiftung Evangelisches Schlesien) die Orte nahe Złotoryja (Goldberg) und Legnica (Liegnitz) besucht, an denen die Geschichte der Schwenckfelder noch gut ablesbar ist.

Termine:

  • 06.10.2022, 18:00, Schlesisches Museum zu Görlitz, Eintritt frei: Die Schwenckfelder – im 18. Jahrhundert von Schlesien nach Pennsylvania, Vortrag von Prof. Dr. Józef Zaprucki, Jelenia Góra (Hirschberg)
  • 29.10.2022, 08:00-19:00, Exkursion: Auf den Spuren der Schwenckfelder in Schlesien, in Kooperation mit der Kirchlichen Stiftung evangelisches Schlesien